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Quelle: WDR

Faire Kleidung - Fragen und Antworten

Informationen aus einem Beitrag von Michael Westerhoff Für Verbraucher wird es beim Einkaufen immer einfacher, nicht nur Lebensmittel, sondern auch Kleidung in Bioqualität oder aus fairer Produktion zu erhalten. Teils helfen Gütesiegel weiter, die ethisch oder ökologisch korrekte Ware zu erkennen. Dennoch scheint Vorsicht angebracht: Verbraucherschützer und Menschenrechtler werfen der Billig-Supermarktkette Lidl jetzt vor, Kleidung als fair zu verkaufen, die unter fragwürdigen Bedingungen produziert worden sein soll. Doch woran erkenne ich "faire Kleidung", und was ist mit der Ökologie?
  • Was kostet ein T-Shirt?
    T-Shirts für 1,99 Euro, Bluse für 3,99 Euro, Jeans für 7,99 Euro - Textildiscounter unterbieten sich mit immer niedrigeren Billigpreisen. Doch wie ist das möglich? Durch Ausbeutung von Näherinnen in der Dritten Welt, sagen Entwicklungshilfe-Organisationen. Durch Ausbeutung von Verkäuferinnen, kritisiert die Gewerkschaft Verdi.
  • Was müsste ein fair hergestelltes T-Shirt kosten?
    Der Verein "Transfair" hat in diesen Tagen erstmals ein Gütesiegel für eine T-Shirt-Kollektion einer Modekette vergeben. Das "Fairtrade"-Siegel garantiert, dass die Baumwollpflücker in Indien einen festen Mindestpreis für ihre Baumwolle erhalten. Auch die Näherinnen und die Mitarbeiter der Spinnereien werden zu einem mit örtlichen Gewerkschaften ausgehandelten Tarif bezahlt. Die Läden der Modekette verkaufen die fair gehandelten T-Shirts und Polohemden zu Preisen zwischen 12,99 und 19,99 Euro.
  • Was kostet ein T-Shirt, das in Deutschland hergestellt ist?
    Wenn es um Produktion "made in germany" geht, dann ist Wolfgang Grupp ein gefragter Gast in Talkshows. Ob bei Anne Will oder bei Sandra Maischberger, der Trigema-Inhaber kämpft regelmäßig für den Industriestandort Deutschland. Seine Firma stellt alle Waren in Süddeutschland her, ein T-Shirt aus Deutschland ist ab 19 Euro erhältlich.
  • Welche Preis-Auswirkungen hätten höhere Löhne in Entwicklungsländern?
    "Kaum welche", sagt Gisela Burckhardt von der kirchlichen Initiative "Saubere Kleidung": "Der Anteil der Lohnkosten an einer teuren Markenjeans beträgt gerade mal ein Prozent". Burckhardt rechnet vor: "Wenn der Monatslohn in Bangladesh von jetzt 16 Euro im Monat auf 30 erhöht würde, führt das kaum zu Preissteigerungen in unseren Läden". Eine Verlagerung der Produktion nach Deutschland hält sie weder für wünschenswert noch für machbar. Insbesondere im asiatischen Raum leben hunderttausende Menschen von der Herstellung von Kleidung für Westeuropa. Sie würden ihren Job verlieren.
  • Welche Rolle spielt der Lohn von Verkäuferinnen?
    Das Gütesiegel "Fairtrade" garantiert zwar Mindestlöhne in den Herstellungsländern, um die Bezahlung von Verkäuferinnen in Deutschland kümmert sich die Organisation aber nicht. "Stundenlöhne von vier bis fünf Euro sind bei den Discountern üblich", kritisiert die bei Verdi-NRW für den Textilhandel zuständige Gewerkschaftssekretärin Lieselotte Hinz. Dass Discounter so billig sind, liegt ihrer Ansicht nach auch an den Niedriglöhnen: "Discounter wenden nur vier Prozent ihres Umsatzes für Löhne auf, bei Kaufhäusern sind es immerhin 12 bis 15 Prozent, beim Fachgeschäft um die Ecke rund 20 Prozent." Auch dort verdienen Verkäuferinnen nicht üppig. Ein Lohn von 2.100 Euro im Monat für eine Verkäuferin gilt bereits als gut. Eine Erhöhung der Löhne würde sich wesentlich extremer auf den Preis für ein T-Shirt auswirken als bessere Bezahlung in den Entwicklungsländern. Angebote von 1,99 Euro pro T-Shirt wären dann wohl nicht mehr möglich.
  • Was ist Ökokleidung?
    Meist sind Bekleidungsstücke gemeint, in denen teilweise oder ausschließlich Biobaumwolle verwendet wird. In geringerer Menge werden auch Rohstoffe wie Leinen, Hanf oder Wolle aus ökologischer Tierhaltung verarbeitet. Biobaumwolle wird ohne den Einsatz von genmanipuliertem Saatgut, Pestiziden und Kunstdünger angebaut. Nach strengeren Kriterien muss auch bei der Verarbeitung der Textilien oder beim Transport der Kleider auf Umweltschutz geachtet werden. Dabei wird unter anderem der Einsatz von Chemikalien beim Bleichen oder Färben kontrolliert.
  • Garantiert Ökomode auch hohe Sozialstandards für Bauern und Textilarbeiter?
    Nicht automatisch. Zwar profitieren auch die Bauern davon, wenn auf den Baumwollfeldern nicht massenhaft Pestizide versprüht werden. Landwirte, die Biobaumwolle ernten, haben dennoch nicht automatisch bessere Arbeitsbedingungen. Umgekehrt sind Fairtrade-Kleider nicht unbedingt aus Biobaumwolle hergestellt.
  • Gibt es überhaupt schicke Mode aus ökologischer und fairer Produktion?
    Die Zeiten, in denen Öko-Mode einem Jutesack ähnelte, sind vorbei - zumindest bei den meisten Anbietern. Öko-Mode kommt oft inzwischen genauso trendig daher wie konventionelle Ware.
  • Gibt es vertrauenswürdige Siegel für faire Kleidung oder Öko-Mode?
    Ein einheitliches gesetzlich geschütztes Zertifikat wie bei Bionahrungsmitteln gibt es nicht. Stattdessen ist eine große Zahl von Siegeln im Umlauf, die von Herstellern, Verbänden und
    Nichtregierungsorganisationen vergeben wurden. Die sind zwar in aller Regel vertrauenswürdig - angesichts der Vielfalt ist es für den Verbraucher aber nicht einfach zu unterscheiden, welches Siegel wofür genau steht.